Große Schuhe

Alles zu den Geschichten. Jede Themenvorgabe der Literaturlinie ist ein eigens Thema. Naja. Bald.

Große Schuhe

Beitragvon TreborFaust » Mi 25. Apr 2012, 20:22

http://www.literaturlinie.de/html/grosseschuhe.html

Schuhe müssen nicht vorkommen. Aber die Geschichte muss mit den folgenden Sätzen des großen Tucholsky begnnen:

“Seinen eigentlichen Anfang nahm das Abenteuer erst, als sie in Löwenberg ausstiegen. Der D-Zug ruhte lang und dunkel in der Halle unter dem Holzdach - sie durchschritten einen Tunnel, oben, in hellem Sonnenlicht, stand die Kleinbahn, wie aus Holz gefügt, steif und verspielt.”

Viel Spaß!
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Re: Große Schuhe

Beitragvon TreborFaust » Do 26. Apr 2012, 00:30

http://www.literaturlinie.de/Rheinsberg_ist_immer_und_uberall....pdf

Astrid! Ts. Zuerst das Schlechte: Ich finde, es wird in der Geschichte zu wenig erzählt und zu viel gefühlt und gedacht. In diesem Fall im Teil vor dem Ende. Wir alle erliegen oft der Versuchung, Dinge, die wir uns überlegen oder die uns bewegen, als Gedanken oder Gefühle in eine Geschichte zu pressen, vorzugsweise durch die Ichperspektive - anstatt die Geschichte so zu erzählen, dass sich der Leser selbst entsprechende Gedanken macht oder etwas Bestimmtes fühlt. So etwas ist leichter zu schreiben und schwerer zu lesen. Trotzdem: Der Stil ist wunderschön und elegant, es ist schön, das zu lesen. Die Handlung, wenn auch etwas dünn, ist klug aufgebaut und bewegt einen. Also in diesem Fall mich. Sie ist sogar ein bisschen überraschend. Die Wortwahl ist auf eine angenehme Weise etwas pathetisch, ah, dafür muss es ein besseres Wort geben. Blumig? Wehmütig, das ist es. Und das passt toll zum Thema. Wie gesagt, toller Stil. Das Ende ist für meinen Geschmack etwas abrupt eingebaut, aber ansonsten gut. Hier trifft der Stil den Inhalt, weil das Ende ebenfalls wehmütig-schön ist. Das zusammenzubringen, ist schon ziemlich gut.

Insgesamt sind das aus meiner Sicht eher drei als zwei Smileys für den Erzählstil und etwas Abzug wegen des zu hohen Anteils an Innenleben. Macht zusammen:

-x-- -x--
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Re: Große Schuhe

Beitragvon TreborFaust » Do 26. Apr 2012, 01:33

Legebeidirfeuer, was ist das denn?
http://www.literaturlinie.de/Julia.pdf
:O :och :?
Ich fang mal vorsichtig an: Dafür, dass das nicht in der Ichform ist, sollte die Wortwahl besser sein. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten („... dass sie was falsch gemacht hatte“), aber es ärgert mich.

Der Stil ist unsauber. Im Satz nach dem obigen verrutschst du zum Beispiel zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Es ist klar, warum (der Satz hat einen gewissen Ewigkeitsanspruch), aber es ist unpassend. Im Satz danach wäre dagegen das gute alte Plusquamperfekt angebracht (statt „… was sie sich immer erträumt hat“). Danach bringt mich die Kommasetzung durcheinander (das kommt öfter vor, nur als Beispiel: ...„nach der tiefen Enttäuschung die er ihr bereitete“. Auch sonst reißt mich immer wieder etwas stilistisch Unsauberes aus dem Erzählfluss („Er hatte das am Tag davor, als er sich nach einer kurzen Nummer umgedreht hat, noch gemurmelt.“)

„Dass“ und „das“ kann man mal verwechseln, aber zwei Mal in einem Satz ist zu viel („Als ich neulich beim Kegel davon sprach, das sie so gute Kekse backt, sagtest du doch, das du die auch mal probieren möchtest“), zumal es danach noch öfter passiert.

Der Inhalt ist für mich etwas dünn für diesen Stil. Wenn man eine so sanfte, leise Situation, wie die mit der ersten Berührung, schildert, muss man das unbedingt sehr, sehr gut machen. Wenn man es nicht leise und schüchtern oder ganz sachlich von außen beschreibt, ist es komisch. Und der Übergang in die Sexszene wirkt auf mich billig. Es ist für den eher romantischen Ansatz des Teils davor teilweise viel zu explizit (Kitzler und Co.!) und dann wieder zu schmalzig („Ich sinke in Hingabe dahin.“)

Pardon für die harte Kritik, aber offen gesagt, war ich mir nicht sicher, ob die Geschichte ernst gemeint ist.
Ich bin sicher, das kannst du besser. Es gibt von mir natürlich keinen Smiley.
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Re: Große Schuhe

Beitragvon TreborFaust » Do 26. Apr 2012, 12:06

Lieber Herr Dendroforst! Sie schrieben dies hier:

Die Schuhe

Dazu fällt mir Folgendes ein (ich steig gleich voll ein): „fand sie sich belustigt“ finde ich ein bisschen bemüht, aber ich gebe zu, es ist auch schwierig, Dialoge nicht ständig mit 'sagte sie', 'sagte ich', 'sagte sie' und so zu umrahmen und dabei immer zu treffen. Aber Forst! Muss der Protagonist ausgerechnet „Das macht keinen Sinn“ sagen?

Trotz dieser zurecht geschmähten Formulierung (die legitim ist, weil sie in der direkten Ichform kommt) ist der Schreibstil toll. In der Geschichte finde ich genau das, was so wahnsinnig schwierig ist: Die Situation wird durch die sorgfältige Schilderung von Kleinigkeiten als anscheinend belanglos und alltäglich dargestellt. Ebenso gut könntest du schreiben „Wir aßen zum Frühstück, alles war normal und nichts Besonderes passierte“. Aber den Leser die Situation spüren zu lassen, indem man von ihr erzählt anstatt sie zu bewerten, darin liegt die wahre Kunst des Autoren und das hast du extrem gut raus. Ich zieh den Hut dafür. Den Wortwitz hast du gut dosiert, schön. Eigentlich liegt dir meiner Meinung nach ein allwissender Erzähler mehr als die Ichform, weil du Gefahr läufst, dass gerade die Eleganz deines Schreibstils den Protagonisten automatisch in eine bestimmte Rolle drängt. Hier hast du es aber mit ein paar geschickten Auflockerungen gut gelöst. Das mit dem Halteverbot oder „komm mal klar“ zum Beispiel. Und wer weiß, vielleicht auch durch die zurecht geschmähte Formulierung. :och

Was den Inhalt angeht – ich mag ihn sehr. Auch die Symbolik. Es passt (ausnahmsweise, bitte, bitte, wir schreiben jetzt nicht alle Geschichten, die die Pointe haben, dass der Protagonist bloß träumte) gut, dass ein Traum als Vehikel der Sprachlosigkeit daherkommt. Denn das ist es doch, oder? Es ist die Momentaufnahme einer Situation, in der man um wichtige Fragen herumschleicht.

Es ist tief, es ist schön, ich mag es sehr. Es GÄBE von mir zwei Smileys dafür, fast schon drei. Allerdings gibt es für das schmähliche Ignorieren der Themenvorgabe :( einen ganzen Smiley Abzug. Da bin ich streng! Daher unter Qualen nur

-x--
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Re: Große Schuhe

Beitragvon Forst » Mo 30. Apr 2012, 09:53

Hach, ich Horst hab mal wieder die Aufgabenstellung nicht richtig gelesen. Selber schuld.
Deswegen umso richtiger deine Bewertung. Freut mich auch, dass ich noch nen Punkt rausholen konnte :)
Deine Anmerkungen sind mal wieder treffend und ultrakonstruktiv wie immer. Manchmal ein bisschen gruslig, wie du das machst.
Aber was haste denn gegen "Das macht keinen Sinn."? :)

Auf jeden Fall hat es viel Spaß gemacht die anderen Texte zu lesen, und ich glaube da wurde in Sachen Kritik schon alles erwähnt, was ich überhaupt hätte anführen können. Yay!

:yeah
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Re: Große Schuhe

Beitragvon TreborFaust » Mo 30. Apr 2012, 17:24

Forstophob, nicht dass du da nennenswert von betroffen wärst, im Gegenteil. Aber weil es jedem ab und zu widerfährt, hier eine kleine, subjektive Abhandlung: :prof

Ich finde, es ist wortarmer und schwacher Ausdruck, wenn man ohne stilistischen Grund auf Modalverben oder die paar gängigen Verben zugreift, die dann zusammen mit einem Adverb, Adjektiv oder gar Substantiv das Gleiche aussagen wie ein anderes, treffenderes Verb.

Zum Beispiel
Ich mache die Tür auf (zu) statt ich öffne (schließe) die Tür
Er sagte, er könne gehen (oder am besten gleich: Er sagte, er kann gehen) statt er erlaubte ihm zu gehen.
Ich mache dich wach statt ich wecke dich.
Ich mache Essen statt (je nachdem)

Bei „Das macht Sinn“ ist es ähnlich, da ist es die direkte Übersetzung aus dem Englischen, statt des eigentlich korrekten „es ergibt Sinn“. In diesem Fall schließe ich mich Max Goldt an (auch wenn ich es vor ihm angeprangert habe, versteht sich 8-)), der diese Formulierung mal in einer schönen Glosse kritisiert hat. Bis "Wir machen Liebe" ist es auch nicht mehr weit. Mir tut es immer ein bisschen weh. Also nicht der Liebesakt. Ah, Pardon, mich schmerzt es, wollte ich sagen! ;)

Es hängt natürlich stark von der gewählten Perspektive ab, ob der Protagonist in der Ichform zum Beispiel sagen sollte „Er erheiterte/belustigte mich“ oder ob es beim einfacheren „Ich fand ihn lustig“ bleiben sollte. Je nach Charakter, den man zeichnen möchte. Insofern ist dieser Punkt bei deiner Geschichte Geschmackssache, aber ich wollte es unbedingt mal anbringen ;). Wichtig ist, dass man als Autor in der Lage ist, die treffende beziehungsweise richtige Formulierung zu verwenden - ob man es dann tut, steht in einem anderen Glückskeks.
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Ein Sommer in Löwenberg

Beitragvon TreborFaust » Mo 30. Apr 2012, 19:15

Julia!

Ich finde, diese Geschichte hat Stärken und Schwächen.

Ich mag zum Beispiel Sätze wie
„Die Sonne beschien die Stadtmauer mit ihren Türmen, als sich die Bahn mühsam die kleine Anhöhe zum Schloss hinaufschleppte“.

Der Anfang ist etwas verwirrend, weil er noch vor den ersten Sätzen handelt, ohne dass das durch das Tempus erklärt würde. Nachdem man verstanden hat, dass du die ersten Sätze nicht als eigentlichen Anfang verwendest, sondern als eine Vorschau, ist es in Ordnung. Allerdings fehlt mir angesichts des erzählerischen Ansatzes eine Vorstellung der Charaktere. Denn durch die Dialoge stellen sie sich nicht ausreichend vor. Das führt in diesem Fall dazu, dass ich mich weniger für sie interessiere.

Den Erzählstil finde ich im Folgenden ok und auf eine angenehme Art gelassen. Den Übergang zwischen dem Ende des ersten Tages und dem dann folgenden Abschnitt finde ich zu hart. Das Wort „allmählich“ ist als Einläutung eines so deutlichen Wechsels der Erzählgeschwindigkeit aus meiner Sicht zu schwach, ein ganzer Satz passte hier eher.

Den Stil finde ich dann wieder gut, den ganzen Abschnitt hindurch. Aber wieder ist der Übergang (von der Party zum nächsten Tag) holprig: „…beobachteten die anderen beiden aufmerksam Franz‘ unbeholfene Tanzversuche und die zunehmende Ausgelassenheit der Doktoren in der Ecke.“ Finde ich als Abschnittsende etwas komisch.

Danach geht es ähnlich weiter. Hier und da finde ich die Wortwahl sehr schön, manchmal aber auch unglücklich. Ein gutes Beispiel ist der folgende Satz:
„Georg rückte deswegen von seinem Plan ab, ihr sein Verhalten zu erklären, und fragte sie stattdessen, ob sie am Wochenende mit ihm in die Stadt gehen wollen würde“ Der Anfang ist schön, das Ende ist eine verkorkste indirekte Rede. („wollen würde“ anstatt „wolle“).

Das natürliche Ende ist für mich vor dem letzten Abschnitt. Der letzte Abschnitt ist überladen und vor allem das vollkommende Gegenteil etwa zum Anfang. Ganze Jahre werden in wenigen Sätzen geschildert, während zuvor Eindrücke sehr detailliert widergegeben werden.

Insgesamt finde ich, dass die Geschichte starke Elemente hat. Das sind vor allem einzelne schöne Sätze und das offensichtlich absichtlich etwas Hölzerne, das zur Epoche passt (erinnert mich an den Zauberberg) sowie die Ideen an sich. Schwach finde ich die Charaktere und die sehr schwankenden Erzählgeschwindigkeiten. Die Gewichtung der Dinge, die du erwähnst, ist schwer nachzuvollziehen. In einer so kurzen Geschichte, in der ein Weltkrieg explizit vorkommt, geht beispielsweise ein Praktikum als Abenteuer kaum durch. Dafür müsste eine gewisse Melancholie (nämlich, dass etwas so Unschuldiges kurz vor einem weltverändernden Chaos als Abenteuer empfunden wird), die du durchaus andeutest, stärker betont werden. Dass der eine Protagonist sich in eine Frau verliebt, bekomme ich nicht recht mit. Davon könnte angesichts der Bedeutung sicher eher ausführlich berichtet werden als etwa von der Gepäckverstauung. Ich glaube, dass die Geschichte für die Geschwindigkeit viel länger sein müsste. Oder dichter erzählt. Für mich ist die Geschichte so etwas wie ein netter Rohling einer schönen Gesamtidee.

Alles in allem gibt's von mir
-x--
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Re: Große Schuhe

Beitragvon Robert » Mo 7. Mai 2012, 22:43

Hallo lieber Michi,
Deine Geschichte ist sehr schön. Elegant im Stil, sachte und zart, um nicht zu sagen eben: schön. EIngebettet ist ein unglaublich feinsinniger Humor, der nie Gefahr läuft das fragile Gebäude des Textes in seiner Statik zu gefährden. Kein Clou, aber auch dieser Umstand unterstützt die melancholische Stimmung bei der vollen Entfaltung, wie ein französisches Bier an einem französischen Flüsschen in der französischen Provence.
Von mir dafür gute 2 Smileys: -x-- -x--
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Re: Große Schuhe

Beitragvon Forst » Do 10. Mai 2012, 21:50

Die Geschichte ist wundervoll. Sowas könnt ich den ganzen Tag lesen. Richtig gut. Aber abgesehen, dasses da handwerklich ja eh nix auszusetzen gibt, Robert, nimmt ihm bitte die Smiley wieder weg, für das Ende!! Der kann die doch nich einfach fahren lassen... hach.
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Re: Große Schuhe

Beitragvon Robert » Do 7. Jun 2012, 17:57

Intern habe ich das tatsächlich etwas unbefriedigende Ende auch schon angeprangert.
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Re: Große Schuhe

Beitragvon TreborFaust » Do 7. Jun 2012, 22:37

Ha! Du Verräter! Das stimmt zwar, aber du hast intern auch gesagt, ich hätte eigentlich drei -x-- verdient! Sicher hattest du getrunken!
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Re: Große Schuhe

Beitragvon xaraastriel » So 17. Mär 2024, 16:50

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