Niemand darf denken!

Alles zu den Geschichten. Jede Themenvorgabe der Literaturlinie ist ein eigens Thema. Naja. Bald.

Niemand darf denken!

Beitragvon TreborFaust » Do 12. Jul 2012, 08:47

Das Thema ist inhaltliche und Formvorgabe zugleich. Beim Inhalt gilt es, das Thema in beliebiger Form aufzugreifen oder zu zitieren, mindestens darauf anzuspielen. Bei der Form sind wir sehr streng: Nichts darf durch die in den Geschichten vorkommenden Figuren bewertet oder erklärt werden - keine Gedanken, keine Gefühle. Falls ihr in der Ichform schreibt, dürfen also lediglich Wahrnehmungen geschildert werden. Die Leute sollen also nicht meinen oder Fühlen. Sie sollen (oder der Erzähler soll) beobachten, hören und so weiter. Und das dann scholdern.

Aber ach, was schreibe ich hier kaum vier Tage nach Veröffentlichung des Themas den Thread - es sind schon zwei Geschichten eingetroffen! Wie macht ihr das? Herr Maas, Frau Mistress? :hmm Herr Maas, Sie werden demnächst noch eine Geschichte zum Thema schreiben, bevor es veröffentlicht ist...
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon TreborFaust » Fr 13. Jul 2012, 22:25

Mach mal wer anders den Anfang zu Wabern und Lückenfüller. Ich bin sehr neugierig...
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon JanMaas » Sa 14. Jul 2012, 00:10

sn mit "dunkel";)?
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon Mistress » Sa 14. Jul 2012, 16:00

:ehem Ich bin noch viel zu unerfahren um mir eine fachliche Bewertung anzumaßen, aber dennoch möchte ich gerne sagen, wie Jans Geschichte bei mir ankam. Zunächst finde ich, dass es definitiv kein „Einwegtext“ ist, ich musste ihn mehrfach lesen um ihn in Gänze zu erfassen und am Ende ist mir das wahrscheinlich doch nicht gelungen. Tatsächlich fragte ich mich nach fast jedem Satz „Wie meinten er das jetzt?“ oder „Und was hat das jetzt miteinander zu tun?“, doch stellte ich fest, dass die Schreibweise des gesamten Textes genau widerspiegelt, was IN der Geschichte passiert. Und obwohl in der Geschichte die Demenz dementiert wird, könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass es eine Schilderung ist, wie sich eine Krankheit wie Alzheimer heranschleicht, wobei der letzte Satz dagegen spricht. Meine spontanen Gedanken waren, dass es im Grunde eine sehr tragische Geschichte ist, wie „einen kleinen Tod sterben“ oder „in Rate sterben“. Ich habe mich letzten Drittel des Textes am meisten wiedergefunden, denn es erinnerte mich daran, wie sehr es mich anwidert, wenn man Dinge einfach passieren lässt, sich Gegebenheiten hingibt: „Niemand wunderte sich über die löchrige Wirklichkeit.“ Der Entschluss über sich selbst nachzudenken erscheint mir reichlich spät gefasst zu werden, fast absurd, und daher finde ich es perfekt, dass dies genau der Schlusssatz ist. Und dann nichts mehr. Einfach Leere. Hm. Fazit: Obgleich ich die Intention sehr wahrscheinlich nicht gefunden habe, hat mich der Text persönlich berührt und merkwürdigerweise: bestärkt. Und zwar darin niemals aufzuhören sich über „die löchrige Wirklichkeit zu wundern“. Versteht irgendjemand wie ICH das meine? ;-) Und übrigens beruhigt es mich festzustellen, dass tatsächlich niemand vor Rechtschreib- oder Kommatafehlern, sowie Wortverschluckungen gefeit ist :bäh

TreborFaust: Danke, dass Du meinen Text angenommen hast, ich schrieb Dir ja, dass ich mich mit den Vorgaben sehr schwer getan habe. Daher kann ich es kaum erwarten Deine/Eure Wertung zu lesen. Also los, lass Dich nicht so bitten :coffey
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon TreborFaust » Sa 14. Jul 2012, 22:06

Mein lieber Herr Maas!

Was bitteschön soll ich zu dieser Geschichte sagen? Ich reg mich total darüber auf, das sag ich! Denn es könnte eine fantastische, großartige Geschichte sein, eine Mischung aus Ellis und Kafka.

Die Grundidee und der Handlungsstrang sind wahnsinnig gut. Wirklich extrem grandios. Ein echter Hammer. In nur einer Seite die Entwicklung des Protagonisten so gut zu beschreiben, mit so wenigen, aber markanten Szenen, ist beeindruckend. Obendrein hast du die inhaltliche Vorgabe perfekt, geistreich und originell umgesetzt. Das ist ganz großes Kino.

Drei Dinge sind schlecht. Einmal hast du sämtliche formalen Vorgaben im Sekundentakt gerissen, das gibt Smileyabzug. Aber die Geschichte für sich genommen wird dadurch natürlich nicht schlechter. Eigentlich muss man sagen, dass die Geschichte auf der Ebene, bei der sich der Erzähler einmischt, sogar schlechter ist, in den Teilen, in denen der Protagonist denbkt und fühlt (was er ständig tut) ist sie stärker.

Dann musst du bei Gelegenheit mal Absatzformatierungen üben, aber das ist ja eher eine Randnotiz.

Das Dritte ist aber dramatisch. Und zwar sollten die Wortwitze raus. Echt jetzt. Die gehören da einfach nicht rein. Die Geschichte braucht sie nicht. Oder wenn, dann müssen sie ganz, ganz fluffig sein und dem Handlungsstrang dienen. Aber das tun sie nicht. Es sind einfach (zugegeben lustige) Einfälle, die du in der Geschichte untergebracht hast. Ich kann mir geradezu vorstellen, wie das beim Schreiben Spaß gemacht hat. Aber beim Lesen nicht. Oder jedenfalls nicht so, dass es der Geschichte hilft. Raus damit! Du versaust die Geschichte! Sie ist zu holprig! Schreib es schlichter. Die Geschichte ist so toll, dass sie eine bessere Sprache verdient, und wenn holprig, dann als direktes Stilmittel. Wenn du es hinbekämest, das man das Muttermund-Dings oder das Kupferdings als Bestandteil der Geschichte des Protagonisten verstünde, wäre das Weltklasse - aber du machst dir auf der Erzählebene darüber Gedanken und da frag ich, was das soll. Das lenkt ab. War das jetzt deutlich genug?

Insgesamt will ich der Geschichte am liebsten nur einen Smiley geben, aber das bringe ich wegen der genialen Idee und des famosen Inhaltes natürlich nicht übers Herz, daher gibt es von mir:

-x-- -x--


Hier noch ein paar Beispiele für die beschriebene Meinung:

Obschon er kein gebärfreudiges Becken besaß und durchaus zu reden vermochte, einen Muttermund konnte er nicht vorweisen. Beim zweiten (oder dritten) Lesen hat man einen ganz witzigen aha-Effekt, aber es lenkt ab.

die auch eine Wochenbettdepression erfüllte,
Siehe oben.

Nicht auszudenken, hatte er früher sinniert, wie sich ein Gedächtnisverlust auswirken würde. Sinniert=denken

Damals hatte er jeglichen Gedanken schaudernd beiseite geschoben. Beiseite geschoben=denken

Angst hatte ihn beschlichen Angst = fühlen

Harmloses Zusammentreffen ist eigentlich ebenfalls eine Bewertung, die nicht vom Erzähler, sondern vom Protagonisten kommt. Also = denken

so man denn mit Kupfer bedeckt war. Der Satz lenkt ab. Allerdings ist es hier ein Grenzfall, denn man kann es immerhin dem Protagonisten abnehmen

Vielmehr war genau der Teil der Welt verschwunden, den er durch den Schwindel so oder so halbwegs unter den Füßen verloren hatte. Grenzfall. Kannst du bringen, aber du solltest auf die Wortwitzkomponente entweder verzichten oder sie eleganter schreiben. Ist wieder zu sehr der Erzähler, der da reinfunkt

wirbelte durch seinen Kopf Denken

Für einen kurzen Moment wurde ihm schwindelig Fühlen

Etwas mulmig wurde ihm dadurch durchaus zumute =Empfinden=Fühlen

Anfangs hatte es ihn noch amüsiert Fühlen

autokassierten Was heißt das? Mich bringt es aus der Geschichte raus

Sicher war sicher. denken & Fühlen

keine Orte mehr, an denen er sich gerne aufhielt. =Fühlen

Vielleicht war das die Maxime, die die neue Welt im Innersten zusammenhält. ->zusammenhielt, kleiner Schreibfehler, im Übrigen ist das wieder Denken

fasste den Entschluss Denken
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon TreborFaust » Sa 14. Jul 2012, 22:35

Lückenfüller ist ein ebenso grandioses Motiv wie das von Herrn Maas. Hesse trifft Kafka, wenn ich gleich nochmal zwei Große für einen Vergleich antanzen lassen darf. Tolle Ideen, wirklich originell, vor allem ist auch der Grundansatz toll. Sprachlich finde ich die Geschichte ok, wobei es für mich sogar etwas weniger glatt sein dürfte. Ein paar Schnörkel bzw. etwas Wortgewalt könnten die Geschichte noch verbessern. Am Anfang ist das übrigens für mich deutlich besser als gegen Ende. Das Thema ist inhaltlich natürlich genial umgesetzt. Vom ersten bis zum allerletzten Satz. (Dessen Formatierung ich wiederum nicht so mag, vor allem, weil sie beim Lesen der vorhergehenden Sätze schon auffällt, so dass die Überraschung verloren geht)

Die Tempuswechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart finde ich unglücklich, klar, du willst andeuten, dass es das Haus immer noch gibt, aber komplett in der Vergangenheit wäre aus meiner Sicht passender.

Die Formvorgaben, also nur über Dinge und Verhalten zu schreiben, die beobachtet werden können, hast du ebenso wie Herr Maas hemmungslos ignoriert, aber das hast du ja selbst schon gesagt. Schau einfach mal bei den Anmerkungen zu Jans Geschichte, die gelten alle analog auch für dich. Ich vermute, dass dir nicht so recht klar war, was wir überhaupt damit meinten, vielleicht wird das ja dadurch deutlich.

Insgesamt gibt es von mir

-x-- -x--

Wenn du die Vorgaben eingehalten hättest (was in dieser Geschichte vermutlich vom Ansatz her kaum möglich wäre), wären es eher drei Smileys.
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon Mistress » So 15. Jul 2012, 08:38

Vielen lieben Dank! Du wirst nicht glauben, wie oft ich die Wörter hin- und her tauschte zwischen Gegenwart und Vergangenheitsform :hmm Tatsächlich war mir wichtig, dass es das Haus noch gibt, aber intuitiv stolperte ich selbst ständig darüber… „führt“ oder „führte“ die Treppe nach oben? Mit den Beispielen aus Jans Geschichte und Deinen Kommentaren wird es wirklich etwas deutlicher und für mich persönlich fast unmöglich auch nur einen einzigen Satz den Vorgaben entsprechend zu schreiben… Das wird mich noch eine Weile beschäftigen.

Eine Rückfrage dazu: Ich stelle mir vor, ich sitze in einem Straßencafé und beobachte die vorbeilaufenden Menschen. Beschreibe beispielsweise ihre Kleidung und die Art, wie sie gehen, zum Beispiel „mit hängenden Schultern“. Das sollte innerhalb der Vorgaben sein, oder? Was ist mit der Beschreibung, dass eine Frau ein sehr trauriges Gesicht macht? Einerseits kann man das ja wahrnehmen/beobachten, andererseits ist es vielleicht eine Interpretation ihrer Gefühlslage? Liegt hier der kleine, feine Unterschied wie man dies dann formuliert? "Eine Frau mit einem sehr traurigen Gesicht schlendert vorbei..." / "Sie sieht sehr traurig aus..." ? Oder ist es gar das Wörtchen "sehr", dass hier den Ausschlag gibt, weil man bei einem unbekannten Menschen ja nicht weiß, wie er schaut, wenn er traurig ist, sehr traurig ist oder eben im Gegenteil, fröhlich ist? Wo hört die Wahrnehmung/Beobachtung auf? Vielleicht willst Du mir das ja erst später beantworten, um andere nicht vorab zu beeinflussen, aber es wäre mir schon wichtig, es irgendwann einmal zu verstehen. Wegen Lerneffekt und Weiterentwicklung und so ;) Danke + sonnige Grüße :yeah
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon TreborFaust » So 15. Jul 2012, 09:59

Mistress, du hast exakt den Punkt getroffen. Ganz sauber ist man bei unserem Thema, wenn man schreibt, was man beobachten bzw. wahrnehmen kann. (ihre Lippen waren zusammengepresst, ihre Mundwinkel zeigten nach unten, er verströmte einen strengen Geruch^^). Oft (und zuhauf auch in Büchern) macht es sich aber der Autor einfach, indem er die Bewertung, die der Leser eigentlich anhand der geschilderten Fakten vornehmen sollte, selbst durchführt. (Sie war traurig, er war ein böser Mann). Es gibt ein paar Tricks, indem man vielleicht so etwas schreibt wie "sie wirkte mit ihrer gebückten Körperhaltung und ihren halb geschlossenen Augen wie eine traurige Frau".

Rein theoretisch darf der allwissende Erzähler alles, aber es ist schöner, wenn man sich für eine Perspektive entscheidet, also der Beobachter von außen zu sein oder der Protagonist, der dann aber auch nicht wissen sollte, was z.B. zeitgleich in einer anderen Stadt oder in einem anderen Kopf passiert (und streng genommen auch nicht sagen darf, dass er schmunzelt). Eine Form, die gar nicht so selten vorkommt, ist, dass in der dritten Person geschrieben wird und trotzdem aus Sicht des Protagonisten. Wenn man das Konsequent durchhält, ist es stilistisch natürlich auch gut. (Grundsätzlich, aber bei unserer Vorgabe schwierig)

Das war ein bisschen der Hintergrund zu unserem Thema.
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon Robert » Mo 16. Jul 2012, 23:05

Meine Bewertungen sehen so aus: Lückenfüller: -x-- -x-- -x-- ,
Wabern: -x-- -x--bis -x-- -x-- -x--
Die von Trebor Faust genannten Kritikpunkte sind zutreffend, rücken aber meines Erachtens angesichts der wirklich tollen Gedanken zum Thema in den Hintergrund, zumal bei strenger Auslegung der Formzwang nicht erfüllbar ist, und letztlich das Ergebnis auch nicht unwichtig ist.
Bei "Wabern" fand ich den Stil prinzipiell in Ordnung, finde jedoch auch, dass die sehr guten Vergleiche etwas eleganter eingefügt hätten werden können, indem man zum Beispiel "korrodieren" einfach stehen lässt, und es dem Gehirn des Lesers überlässt, das Bild weiterzudenken. Inhaltlich habe ich den Text in die Richtung verstanden, dass die Welt sich angesichts der Verweigerung der Menschen, sich gedanklich mit ihr auseinanderzusetzen, dadurch auflöst. Diese Idee hat mich ein Wenig an "Die Unendliche GEschichte erinnert, in welcher sich die Welt mangels Phantasie ebenfalls in einem fortschreitenden Stadium des Zerfalls befindet und das Nichts sich ausbreitet. Nur hier ist der Mangel eben der an Gedanken. Ein schönes Bild, in das man sehr viel hineininterpretieren kann.
"Lückenfüller" finde ich sehr gelungen. Die Idee ist super, der Stil ist hier in Ordnung. Die Geschichte hat sicherlich von der Sprachpoesie nicht die Kraft von "Ungebetener Besucher", dafür ist sie in der Handlung und Struktur bis hin zum Schluss klarer und erzählt letztlich eher eine Geschichte. Wenn es Dir gelingt, die Stärken beider Geschichten in der nächsten zu vereinen, steht uns etwas großartiges bevor.
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon Mistress » Di 17. Jul 2012, 07:28

Oh verdammt, wo sind meine Kreislauftropfen??? Danke Dir, Robert, sehr sehr! Ich habe bei den Vorgaben festgestellt, dass Einschränkungen wirklich nicht förderlich für mich sind, das ist wie mit halber Kraft fahren. Gerade Gefühle mehr oder weniger ausschalten, ist ja eigentlich der Hammer. Ich hoffe sehr, dass noch ein paar Niemand-darf-denken!-Geschichten kommen, vielleicht welche denen es zu 100% gelingt, die Vorgaben einzuhalten. Jedenfalls war das Thema in Kombination mit solchen Vorgaben eine klasse Idee und beschäftigt mich nachhaltig. Fordern und Fördern, das mag ich :jump
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon JanMaas » Di 17. Jul 2012, 20:30

wo soll ich bei solch einer textflut nur anfangen..
am besten mit den "lückenfüllern". ich mag den text, phasenweise mag ich ihn sehr. die amplitude schlägt immer dann in ungeahnte höhen aus, wenn ich nicht viel denken (sic!) muss, vielmehr der text das bild eigenständig malt. in dem fall sind das sehr schön morbid gefärbte ideen mit einem hang zum surrealen, das zieht bei mir doppelt gut. ich mag texte, die gerade skuriles mit einer selbstverständlichkeit und bisweilen naivität erzählen, ohne zu erklären. der absatz in diesem text ist dann auch für mich der schwachpunkt.
etwas zu erleäuternd, was die "anderen Häuser" betrifft, das klärt für mich das wunderbar diffuse bild, das bis dahin entworfen wurde, zu sehr auf. ganze generell finde ich, dass erklärende parts der geschichte in diesem fall tendenziell etwas schaden und die imaginationskraft des lesers unterfordert wird (vielleicht liegt das aber auch nur an meiner blühenden phantasie und einer vorliebe für verbildlichte formulierungen).
das sind mitunter hohe ansprüche an den text, den ich stilistisch trotzdem sehr gelungen finde. nur bringen mich persönlich die erklärungen etwas zu sehr aus dem fluß, der ruhig etwas nebelverhangen sein kann, schemen deuten ist für mich teilweise spannender beim lesen.

hach, das sind schöne hohe ansprüche, die ich an mich niemals stellen dürfte;)

achja die wertung, sonst wird man hier ja des unkonformen handelns bezichtigt: -x-- -x-- bis -x-- -x-- -x--


ich finde es zudem meistens interessant, was menschen beim lesen in meinen texten für intentionen entdecken. da ich es zu gern vermeide, eine eigene deutungshoheit über meine texte zu haben und auch denke, das phasenweise mehr darin gesehen wird, als es der hauptgrund (der unterhaltende spaß beim schreiben) eigentlich bezweckte. sicherlich steckt in keinem der texte etwas büchnerisches, was man im deutschunterricht später auf herz und nieren satz für satz auseinander porkeln kann, aber in ansätzen haben alle kommentatoren genau das in "Wabern" gesehen, was ich für durchaus vertretbar halte.
sollte jemand sehr falsch liegen, ließe ich das verlauten.

deswegen: ihr habt alle recht :) ( na gut, vielleicht ist robert einen hauch näher dran als alle anderen)
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon Mistress » Di 17. Jul 2012, 20:47

Hallo Jan :love
Deine Bewertung freut mich sehr :yeah
Dann erlaube ich mir nachzuholen, was ich mich nicht traute für Wabern: -x-- -x-- bis -x-- -x-- -x--
Und wenn Du Texte magst, "die Skuriles mit einer Selbstverständlichkeit und bisweilen Naivität erzählen" habe ich bestimmt einiges in petto für Dich, scheinbar ist das so "mein Ding",
auch wenn ich das noch nicht so recht wahrhaben will... ;)
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon TreborFaust » Sa 21. Jul 2012, 12:31

Jan! Wie ich sehe, hat meine an Raserei grenzende Kritik nicht geholfen, daher nochmal, der Deutlichkeit halber: :P

Deine Geschichte ist, gemessen am Inhalt und der Idee (der Verbindung der inneren Welt mit der äußeren auf eine skurrile geistreiche Art) und auch im Aufbau für mich eine der besten überhaupt. Feil doch nochmal ein bisschen dran, bitte, bitte. Das lohnt sich!
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon Mistress » Sa 21. Jul 2012, 18:49

Nachdem ich nun Straßencafé,Juli las...fühlte ich mich ganz schön dumm :( Der Text kommt so leicht daher und ich wundere mich, wieso ich die Vorgaben als so schwierig betrachtet habe. Der Text hat doch die Vorgaben zu 100% erfüllt, oder? Ich habe jeden einzelnen Satz mehrfach nach Gefühlen und interpretierten Gedanken "untersucht", aber da ist nix :) Das einzige was ich aus dem Thema vermisse, ist das "darf" - "Niemand DARF denken", das habe ich jetzt so nicht wiederfinden können. Und "der Text kommt so leicht daher" ist übrigens mit keiner negativen Wertung verbunden, im Sinne von "anspruchslos". Der Text wirkte auf mich einfach sehr souverän, jedes Wort genau plaziert und durchdacht, alles angenehm dosiert und unkompliziert. Hinsichtlich der Vorgaben für mich ein wunderbares Anschauungs- und Lehrstück, was mich motiviert es nocheinmal zu versuchen. Wenn ich das als Newbie sagen darf: -x-- -x-- -x--
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon Robert » So 22. Jul 2012, 03:36

Meine Geschichte erfüllt, so glaube ich, den Formzwang tatsächlich. Als Geschichte finde ich sie schlechter als Wabern und Lückenfüller, auch weil der Formzwang viele Elemente einer guten Geschichte unterbunden hat. Es war eine Stilübung. Das DARF steckt schon drin, nämlich in dem Moment, als der Protagonist seiner Ex-Frau das Denken verbittet, und sie somit auffordert, das Denken aufzugeben, und sie somit nicht mehr denken darf. Ehrlich: Eure Geschichten sind als Produkt die besseren. Nur im Einhalten der Aufgabe nicht. Letztlich finde ich aber, dass es immer darum geht, die Kreativität auf das Maximum zu bringen und die bestmöglichen Geschichten zu Tage zu fördern.
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon TreborFaust » Do 2. Aug 2012, 20:40

Geliebtes Publikum, Newbies, Rookies, alte Karnickel und graue Panther! Ich bin gerade technisch ein bisschen unpässlich, die letzten Geschichten, ja, es sind noch weitere eingetroffen, kommen am Sonntag!

Robert, nun zu dir....

Ich gebe Mademoiselle Misstress in fast jeder Hinsicht recht. Locker leicht, trotzdem ein bisschen tief. Stilistisch sehr, sehr gut. In Sachen Wortschatz auch sehr ok, wobei du auch schon noch besser warst. Beeindruckend ist, wie trittsicher du allen Fallen, die so ein Beziehungsding nun einmal stellt (denn da wird ja ständig gedacht und gefühlt, es ist schon beinahe die Höchstschwierigkeit zur Vorgabe), aus dem Weg gehst und alles durch Athmosphäre und Ausgesprochenes erzählbar machst. Und erzählst.

Inhaltlich finde ich die Geschichte ok, aber ich bin ja immer so gelangweilt von Beziehungskram. Ich weiß, ich bin oft gelangweilt - vor allem wenn einer stirbt oder aufwacht und alles nur geträumt hat oder jemand übers Schreiben schreibt oder auch sonst nicht selten, aber das muss ich dir ja nicht sagen. Dafür aber, dass das Inhaltliche mich nicht vom Thron reist, vom Stuhl, meine ich, Pardon, ach nein, es ist ja nur ein Hocker, dafür also, ist es ziemlich lässig verpackt. Sogar mit Pointe, die dann auch noch zur Themenvorgabe führt, das ist schon ziemlich cool.

Insgesamt ist das eine Geschichte, von deren Sorte man ein Buch füllen könnte, wenn man hören will, wie die Kritiker in die Hände klatschen und sich öffentlich ein bisschen selbst lieb haben, und bei dem das Publikum (außer natürlich das hoch gebildete Literaturlinienpublikum! ;)) sagt, naja, irgendwie wie ein französischer Film, es passiert so wenig!

Heute bin ich laut Tagesform eher ein Kritiker als ein Leser, daher gibt es von mir anstatt zweien hiermit

-x-- -x-- -x--
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon TreborFaust » Mo 6. Aug 2012, 00:36

So, ich habe es wahr gemacht. Die 4 ausstehenden Geschichten sind hochgeladen, wobei Herr Maas entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten tatsächlich auch noch ein, zwei Korrekturen vorgenommen hat. Außerdem Marina und eine neue Autorin - willkommen, Susanne! - sowie die Herren Forst und Flint. Schaut einfach auf der Startseite. Ich bin zurzeit in gewichtige Dinge eingebunden, aber ich habe bald viel zu sagen! Und was meint ihr so? :hmm
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon Mistress » Mo 6. Aug 2012, 18:38

Die überarbeitete Version von Wabern finde ich sehr gelungen, ich vermisse den "Muttermund" und das "Patinée" kein bisschen, und erst im Vergleich bemerkte ich, dass die erste Version eigentlich ziemlich überladen war. Der Text wirkt, auch durch die Strukturierung in Absätze ;-), etwas klarer und durchdachter, und insgesamt... reifer? Kann man das so sagen? Ja, ich denke schon: ausgereifter eben. Bleibt noch die Frage nach dem wunderlichen Wörtchen "autokassieren". Ich persönlich mag neue Wortkreationen ja ganz gerne, aber hier finde ich es nicht sooo passend und, wie ich gerade gelernt habe, "es wirft den Leser aus dem Text"... hihi :P Ist aber wirklich so, denn "man" stutzt, überlegt, zweifelt u.U. an seiner Intelligenz... und ICH habe es dann gegoogelt :wistle Das Wort gibts nicht :P
Jan, wenn Du das noch mal erläutern würdest, gehe ich hoch auf -x-- -x-- -x--
Zuletzt geändert von Mistress am Mo 6. Aug 2012, 21:13, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon Forst » Mo 6. Aug 2012, 20:01

Wow. Da sind ja wieder mal einige Geschichten zusammen gekommen! Ein herzliches Willkommen an dieser Stelle an neue unbekannte und bekannte Gesichter. Freut mich. :)

Genug small talk, nun zum Eingemachten. Pewpew.


Wabern

Herr MaasJan, ins Wabern hab ich mich am Anfang ein bisschen reinkämpfen müssen. Ich gehöre zur Gattung der schwierigen Leser, denen man wirklich bis vor die Füße fahren muss, um sie abzuholen. Deswegen bin ich erstmal skeptisch nebenher gelaufen. Haupsächlich geschuldet ist das einem vermeintlichen Kommafehler im dritten Satz und dem Unterschied zwischen bewährt und bewehrt. Egal. Dann jedenfalls war ich durchaus fasziniert von deiner kreativen Wortwahl, und als dann auch die Handlung ihren Lauf nimmt, war ich schon auf dem Beifahrersitz.
Knapp: Ich finde sprachlich macht es der Text einem nicht leicht, was Vorteil als auch Nachteil sein kann. Er hat ungewohnte Formulierungen aber besticht durch seinen sehr surrealen Plot. Mir ist das Bild nicht so hundert Prozent aufgegangen, aber das was es so an Bildern erzeugt, hat mir sehr gefallen.

-x-- -x--


Lückenfüller

Der Anfang ist wunderbar erzählt. Ich mag die Situationsbeschreibung und auch die Erklärung der Häuser der Schlaf- und Gedankenlosigkeit, das empfand ich gar nicht als störend. Danach aber verändert sich der Mistress'sche Erzählstil ( :) ) weg von einem eher neutralen und allwissenden zu einem persönlichen und mit der Protagonistin enger verwobenen und ich muss zugeben, das gefiel mir weniger gut. Hinzu kommt, dass man, nachdem man die Situation und die überraschende Idee der Klinik verstanden hat, irgendwie nur noch durch den Text begleitet wird. Ich hatte merkwürdigerweise nicht das Gefühl, dass da noch etwas Phänomenales kommt. Und auch wenn am Ende doch noch mal etwas Phänomenales kommt, ich hatte irgendwie zuviel Zeit, mich darauf vorzubereiten.
Knapp: Gelungene Idee gepaart mit einer erfrischenden authentischen Erzählweise, die leider gegen Ende ein bisschen vor sich hin tröpfelt.

-x-- und noch ein halber


Straßencafé, Juli

Ja! So hatte ich mir irgendwie alle Texte zu diesem Thema vorgestellt. Der Text zieht (das vergaß ich übrigens bei den anderen zu erwähnen) die Vorgaben kosequent durch und überlässt dem Leser die Bühne. Geschickt kommuniziert über wörtliche Rede, Emails, etc. erfährt man nur einen Aspekt des inhaltlichen und merkwürdigerweise reicht das auch um sich in die Handlung einzufinden.
Knapp: Bestechende Alltäglichkeit mit einem Hauch Merkwürdigkeit garniert, ergab in meinem Kopf einen leckeren Kuchen.

-x-- -x-- -x--


Momente der Stille

Forst, das issn scheiß Text. Nochma ran ans Skizzenbrett, bitte. Ah ne halt, is ja meiner. Ui. Geiler Text. Meisterstück. Goethe trifft Schiller. Und Mozart auch, aber nur sein erstes Album.


So, zweiter Teil meiner Eindrücke folgt bald. :)
Zuletzt geändert von Forst am Mo 6. Aug 2012, 22:01, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon Mistress » Mo 6. Aug 2012, 21:12

Übersetzungsübungen Niederländisch: Ich fand die Idee, bewusst zu schreiben, dass jemand nichts denkt und nichts fühlt bzw. sich darum bemüht, ja einerseits etwas frech (und bin sehr sehr gespannt auf Eure Meinungen), andererseits aber auch recht clever und faszinierend. Ist das nun gegen die Vorgabe? Leider wurden an anderer Stelle die Vorgaben definitiv nicht eingehalten, das fand ich schade, denn wenn das gelungen wäre, wäre es ein kleiner Geniestreich gewesen, oder? Ich mochte die Idee, das Ende empfinde ich persönlich aber als unbefriedigend bzw. kann so recht nichts mit anfangen (wahrscheinlich weil nicht verstanden, warum jetzt plötzlich "Angst"?) und hätte die letzten beiden Sätze wahrscheinlich gar nicht gebraucht. Mir hätte gut gefallen, wenn der Protagonist z.B. feststellt, dass fühlen und denken sich nicht vermeiden lässt. Der Schreibstil hat mich sehr angesprochen und er passte vor allem gegen Ende ideal zu der Dramatik in der Geschichte.

Gelegenheiten: Für mich eine tolle Gelegenheit zu lernen, wie man, sich ständig wiederholende, Ereignisse in verschieden Variationen beschreiben kann. Gerade kurz bevor es (für mich) leicht nervig wurde, ist es dann umgeschwungen. Inhaltlich bleibt mir nichts zu erläutern, weil… naja… hat sich mir jetzt nicht erschlossen, bzw. ich weiß da nüx zu zu sagen :hmm Aber: wirklich keiner denkt oder fühlt und das finde ich super :love

Momente der Stille: Bis zum letzten Satz habe ich gejubelt und ich war etwas irritiert, dass da dann plötzlich steht „Ich SPÜRE…“ Nach mehrmaligem Lesen habe ich fast den Eindruck, dass ist so eine kleine Trotzreaktion des Autors :P Ich bin hin- und hergerissen zwischen „Ich hätte es gerne noch einen Ticken detaillierter gehabt“ und „Nö, steht alles drin, was wichtig ist“. Ich ziehe jedenfalls meinen Hut vor dieser dann doch intensiven Beschreibung weniger Sekunden, das ist nicht so ohne und bedarf einer großartigen Vorstellungskraft.

Obhut: Dass dieser Text mein persönliches Highlight ist, ist hauptsächlicher meiner Vorliebe geschuldet für dieser Art Texte… „Unter ihm breitete sich sein suppendes und noch an ihm pappendes Leben aus.“ Muss man dazu noch etwas sagen? Also ich nicht! Ich klatsche nur noch in die Hände!

All: ich tue mich sehr schwer Wertungen abzugeben und will mir das auch gar nicht anmaßen, daher für alle die goldene Mitte, ich will und kann keinen Text hervorheben, dazu fehlt mir auch einfach die Kompetenz. Also: -x-- -x--

Und btw: :jump :jump :jump mit Herz für Herrn S. aus B. für einen handgeschriebenen Brief... hat mich sehr happy und stolz gemacht! :ehem
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon Forst » Mo 6. Aug 2012, 23:25

Sooo. Erstmal hier noch meine Challenge beenden, alle Texte konzentriert zu lesen.

Übersetzungsübungen Niederländisch

Marina, wundervoll. Die Geschichte nimmt so zielsicher Fahrt auf, dass man keine Mühe hat, auf den Wagen aufzuspringen. Auch wenn ich es immer schwierig finde, Lieder oder Musiker in Texte einzubauen*, hat mich das hier kaum gestört. Bei der Idee der Übersetzung war ich mir jedoch nicht sicher in wie weit das mit unseren Vorgaben vereinbart ist ;). Wurst. Auf jeden Fall brennts und es geht rund. Die Sätze sind plötzlich entsprechend kurz, die Wortwahl dabei präzise genug um das Bild zu malen und man kommt erst am Ende wieder zum Stehen, als der Übersetzer mit der Folie raschelt. Und auf dem hektischen Weg hat man das Gefühl, dass alles am richtigen Ort war. Das muss man erstmal schaffen. Und auch die kleinen Übersetzungen sind gekonnt in den Text reingewebt. Hach.
Knapp: Rundum gelungen, nur eine kleine Unsicherheit bei mir, ob der Text wirklich so ganz ohne Denken ausgekommen ist.

*(weil man a) nie weiß wie der Leser das assoziiert und b) man damit sehr präzise Stimmungen schaffen kann, die Aufgabe aber auch irgendwie an Dritte abgibt)

-x-- -x-- -x--


Obhut

Hier würde ich gerne schreiben: „Ich weiß es nicht.“. Ich weiß es nämlich echt nicht. Erstmal habe ich ein fettes Grinsen im Gesicht gehabt, weil du unser Thema so geschickt auf dem Brief untergebracht hast. Umso schwieriger fand ich aber, wie viel Denke dann doch in den restlichen Sätzen steckte. Die Handlung ist sehr feinfühlig erzählt, hier ein großes Kompliment, aber gleichzeitig hab ich wieder so einen Moment des NichtWissens, denn der Text ist mir stellenweise zu gefühlvoll, das liegt mir persönlich als Leser nicht so, also nicht deine Schuld. Die Metapher des An-sich-Bindens ist sehr anschaulich beschrieben, die ist auch wunderbar, keine Frage, aber da kommen wir schon zum heiklen Punkt: Der Thematik, meinem Salz in der Suppe deiner eindrucksvollen Bildsprache. Ich kann generell wenig mit Texten anfangen, in denen Rasierklingen nicht zum Rasieren verwendet werden, ich glaube, den Austausch hatten wir schonmal an anderer Stelle, deswegen fällt es mir schwer den Text wirklich objektiv zu bewerten. Nicht weil mich Selbstmord in irgendeiner Form betroffen hätte, ich kann nur den Text nie von meiner Interpretation über die Absichten des Autors / der Autorin trennen. Was hier erschwerend hinzukommt, ist das inhaltlich ja nicht wirklich viel um die Situation herum passiert.
Knapp: Feinfühliges Am-Thema-vorbei-Schrammen, dass in meinem Mund einen merkwürdigen Nachgeschmack hinterlässt.

-x-- -x--


Gelegenheiten

Ich glaube, das ist ein Märchen, das nicht zugeben will eines zu sein. Erst mit diesem Text hab ich begriffen, was dir mit dem Thema eigentlich für ein Geniestreich gelungen ist. Eine Geschichte zu erzählen, nicht durch die Gedanken der Protagonisten, sondern indem man aus dem Pool aller möglichen Beschreibungen diejenigen auswählt, die der Leser zu einer schönen Handlung zusammenbauen kann. Ist dir mit deinen Gelegenheiten wie ich finde wunderbar geglückt. Wo ich bei manchen anderen Geschichten in dieser Runde noch das Gefühl hatte, das was sie sagen wollten hätte mich nicht genug abgeholt, hab ich bei deiner von Anfang an gemerkt, dass sie wird mich nicht abholen wird. Das ist in diesem Fall etwas wunderbares. Die beschriebenen Momente fühlen sich an wie ein Museumsbesuch. Man muss darauf zugehen und sich hineindenken, sonst wird man etwas verpassen. Aber warum dann nur 2,5 Smileys? Es ist wieder mal das berühmte Ende. Die Unterhaltung zwischen der Frau und ihrer Begleitung fand ich überhaupt nicht glaubhaft. Wie ein „Bitte nicht berühren“-Schild im Museum verweigert der Dialog mir irgendwie jeglichen Zugang. Fies finde ich, deswegen ein Punkt Abzug. Da ich aber nicht vom Gedanken abkomme, du hast das mit Absicht so gemacht, und ich es dann irgendwie schon wieder gut finde, gibts doch nochmal nen halben.
Knapp: Ein überaus angenehmes Märchen, wie es kein Ornithologe hätte besser schreiben können.

-x-- -x-- und ein halber


(Tipp am Rande: Besser lange Kommentare im Forum zwischenspeichern oder in nem Textprogramm tippen. Mögliche Szenarien die mir gerade beide nacheinander passiert sind: 1. Man wird in der Zwischenzeit ausgeloggt, weil man zu lange zum Tippen gebraucht hat. oder 2. Die wacklige Internetverbindung verabschiedet sich beim Klick auf Absenden. – Ein Hoch auf meine Vorsichtigkeit.)
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon TreborFaust » Di 7. Aug 2012, 00:19

Liebe Leute,

meine Bewertungen folgen, ich möchte nur kurz feststellen, dass ich gerührt bin ob so viel Kompetenz. Ach, und noch kurz zu YougMaas.

Wie wär's, wenn wir demnächst einmal eine Runde gemeinsam autokassierten? Vielleicht laden wir dazu auch andere Leute ein, die Lust zum Autokassieren haben? Das wär super. Ich meine, wer wollte nicht an solch schönen warmen Tagen gemeinsam mit anderen netten Leuten den Lieben Gott einen guten Autokassierer sein lassen und gemeinsam mit anderen dem berühmten Hobby des Autokassierens fröhnen?

Vielleicht könen wir dann nachher auch ein bisschen husternieren? Das mach ich nach dem Autokassieren meist am liebsten! Und dabei hugenperzen wir zwei Dringbölzer! Das wird ein Glupitsch! Und scheiflich hürpsen wir die Nachbarn mit Ofenquistsockelranzen, bis sie vor Trubfriz eigromsen. Oder es gesölligen sich zfeizahn jungen Höpfen zu uns? Hach, gelörpselt, vasunkelt! Huargh, huargh!

Trotzdem kriegst du für die reformierte Version (die noch besser ginge!) jetzt
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon Mistress » Do 9. Aug 2012, 22:10

Jetzt lassen Sie sich mal nicht so bitten, der Herr!! :wistle
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon TreborFaust » Sa 11. Aug 2012, 22:22

Übersetzungsübungen Niederländisch sind für mich schwierig. Ich mag den Schreibstil für sich genommen sehr. Naja, das brauche ich fast nicht mehr zu betonen, du schreibst wie immer sehr elegant, treffend und souverän. Aber die Geschichte ist für mich inhaltlich nicht flüssig genug. Macht ja nichts, kann man jetzt sagen, oft ist gerade das geistreich und tief oder geheimnisvoll oder spannend, nur in meinem Fall führt das dazu, dass ich sie nicht richtig verstehe. Der Protagonist verfügt über ein gewisses Exklusivwissen, das für die Geschichte wichtig ist und das es mir schwierig macht, Spannung zu empfinden. Gerade an der Stelle, an der du immer nur ein Wort als Satz nimmst (sogar meist ein Wort pro Zeile, es ist schon ein bisschen dick aufgetragen) bin ich – rein vom Verständnis her – nicht tief genug im Inhalt, um mitzulaufen. Ansonsten ist die Idee sehr schön, etwas Spannendes auf diese Art zu erzählen. Die Vorgaben hast du – abgesehen vom letzten Satz, war das eigentlich Absicht? - getroffen. Insgesamt fand ich deine anderen Meisterwerke besser und es es gibt von mir diesmal
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Momente der Stille. Ich spüre heftiges, diffuses Déjà vu. Wegen des letzten Satzes. Genau wie bei Marina brichst du damit die Vorgabe, du schreibst „Ich spüre heftigen, diffusen Schmerz.“ was unbestreitbar Fühlen darstellt. Wobei die Themenvorgabe sich ja eher auf das Sinnieren und Reflektieren bezog, insofern wollen wir mal nicht so sein. Ansonsten ist das alles blitzsauber. Coole Idee, die wiederum an Marinas erinnert. Ein Glück, dass wir die Geschichten gleichzeitig veröffentlicht haben, so gibt’s keinen falschen Verdacht ;)
Diese Geschichte müsste vom Inhalt her eigentlich spannend sein. Aber ist sie nicht. In diesem Fall ist sie es aber nicht deshalb nicht, weil ich etwas nicht verstehe, sondern weil sie so angelegt ist. Eine nüchterne Beschreibung einer dramatischen Ereignisses. Detailliert, chirurgisch, präzise, macht einen als Leser zum Voyeur eines Ünglücks. Für mich damit vom Stil her überragend! Von der inhaltlichen Idee her gut. Nach der Maasschen Geschichte für mich die beste und knappe
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Ich schreib mal was zu Gelegenheiten, damit sie insgesamt auf zwei Smileys runtergezogen wird. Idee mag ich selbst und das Thema ist, glaube ich, inhaltlich und stilistisch exakt eingehalten, aber etwas Wortgewalt und Eleganz fehlt. Außerdem bin ich nicht sicher, ob die Botschaft für den Leser verständlich war, daher gebe ich mir selbst knappe
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Obhut ist für mich als Einstand nicht übel. Es war natürlich ein extrem schwieriges Thema. Inhaltlich ist das Thema aus meiner Sicht getroffen. Formal sind die Vorgaben häufig nicht eingehalten, wobei die Formulierungen gut getarnt sind. Ein Beispiel: Du schreibst „Es war klar, dass er ein komplizierter Charakter war“. Was da geschildert wird, ist eine denkende Protagonistin, nicht der allwissende Erzähler. Überdies ist das eine Bewertung, die dem Leser sagt, was er über eine Person zu meinen hat, anstatt Dinge zu schildern.
Vielleicht bin ich gerade nicht so helle, aber auch bei dieser Geschichte haben mich die Sprünge aus dem Erzählfluss gebracht. Trotzdem muss man sagen, dass der Schreibstil wirklich elegant, fast schon anmutig ist. Für mich war ganz interessant, im Vergleich zu den anderen Geschichten, dass du mich trotz der inhaltlichen Sprünge emotional berührt hast. Ich habe als Fazit daraus gezogen, dass so etwas auch wirklich leichter funktioniert, wenn die Protagonisten denken und fühlen, während es schwierig ist, so etwas mit lediglich Beschreibungen zu erreichen.
Für die Zukunft verspricht diese Geschichte jedenfalls einiges, wobei ich wahrnahm, dass sie schon im Hier und Jetzt an anderer Stelle großen Erfolg erzielte. Das scheint ja bei den den hier veröffentlichten Geschichteng rundsätzlich zu gelten. ;)
Insgesamt gäbe es von mir 2 Smileys für diese Geschichte, aber der Gerechtigkeit halber muss ja wegen der Vorgabenmissachtung einer abgezogen werden, so dass es zu lediglich einem führt, der aber fürs hoffentlich nächste Mal einiges erwarten lässt! Fürs Protokoll:
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon TreborFaust » Sa 11. Aug 2012, 22:48

So, geliebtes Publikum! Die Bewertungen der Geschichten sind jetzt auch auf der Seite (Ich meine nicht auf der Startseite, da sind ja nur die vorläufigen, die bald verschwinden, sondern auf der Niemand darf denken-Seite der Geschichten. Die endgültigen Bewertungen decken sich, wie schon angekündigt, weder zwingend mit meiner persönlichen Bewertung noch mit den vorläufigen Startseitenbewertungen - denn es sind ja die Meinungen des Forums mit eingeflossen. Demokratie rules ;-)

Allen einen herzlichen Dank fürs Mitdiskutieren und Helfen beim Bewerten. Es besteht nicht der Hauch eines Zweifels, dass es keinen anderen Ort im Netz mit derart viel geballteter Kompetenz gibt und tatsächlich erreichten uns wieder einige Mails und sogar Anrufe (Hallo Frau Sonnenblum!) von stillen Mitlesern, die diesen in seiner Bescheidenheit vielleicht übertreffbaren Standpunkt bekräftigen.

:respect

8-)
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon JanMaas » Fr 7. Sep 2012, 04:20

Paisley. Was soll ich sagen. Schlicht, kurz reißt die Vorgaben streng genommen ab und an, ABER er basiert auf Blut und einem Stil, der Worte wie "durchgesuppt" ohne weiteres zulässt. Und dann diese Wandlung, vom Kater zum Tier zur Katze :P
Zugegebenermaßen habe ich mich in den Text verguckt und spätestens bei den leeren Margarinendosen hat er -x-- -x-- -x-- verdient, definitiv! :read

Zum autokassieren hat der gute DentFaust eigentlich alles gesagt. Und noch viel mehr.
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon TreborFaust » Sa 22. Sep 2012, 10:03

Hier dann noch eine verspätete Kritik zu einer verspäteten Geschichte: Paisley, von einer unbekannten Autorin, jedenfalls wenn es nach der Angabe in der Geschichte geht, die wir hiermit als Frau Firle Fanz outen.

Also, Frau Fanz, was soll man sagen? Hast du das Thema gelesen?^^ Es war wirklich schwierig, zugegeben, aber die die formalen Vorgaben sind reihenweise gerissen! Der Protagonist (oder die Protagonistin?) führht ja eigentlich ein einziges Selbstgespräch, es ist quasi eine Denkorgie. Daher muss man vorab sagen, dass es einen hammerharten Smileyabzug gibt!

Damit hätte ich auch schon alles Negative aufgezählt. Die Geschichte selbst ist nämlich hurra! Ich möchte sogar juhu! sagen. Sehr reifer, kluger Kafka-Stil, sehr geistreich und elegant geschrieben. Der Inhalt ist eine geradezu, mir gehen die Adjektive aus, hinreißende Absurdität, die mich umhaut. Die Selbstverständlichkeit, mit der der Protagonist die Situation schildert, macht es aus, glaube ich. Aber alles Analysieren hilft nichts, man muss den Text auf sich wirken lassen. Hach. Fast würde ich gerne trotz des Smileyabzuges drei geben, aber Regeln müssen eingehalten werden, wir sind ja hier nicht in der EU!

Daher unter großen Schmerzen beim Tippen (ich will, will, will wirklich drei geben!) nur
-x-- -x--

P.S.: Wollen Sie nicht doch noch eine Version mit Ihrem Namen schicken, Frau Fanz?
P.P.S.: Beispiel für das verbotene Denken:
Was soll jetzt mit der Katze passieren? Vergraben? Oder einfach nur vom Bett werfen? Ich bemerke, dass mir auch das egal und im Grunde keinen weiteren Gedanken wert ist.
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Re: Niemand darf denken!

Beitragvon xaraastriel » So 17. Mär 2024, 16:53

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