UrsulaIch habe eine Tante Ursula, da war ich naturgemäß besonders aufmerksam. Mit Argusaugen las ich die Geschichte und... bin begeistert.
Ursula hat Tempo, Witz und Kreativität, fast wie die echte Tante Ulla. Sprachlich auch recht schön. Die Stilmittel, und ich muss sagen, ich musste erst nachfragen, jawohl, nachfragen, bis mir klar wurde, dass es die Kompositionshomograhenstilmittelvariante sein sollte, finde ich allerdings eher misslungen. Nein, halt, ich finde einfach, dass eher normale Homonyme sind, aber eben keine zusammengesetzten, wir es ja erbeten war. Ist der Punkt klar, Sichtige? Oder ist dir das zu hoch, Trabende?
Na davon mal abgesehen, ist das schon eine lässige Turbogeschichte. Ein kleiner Gag jagt in angenehmer Bescheidenheit den anderen und ergibt ein grandios verspieltes Ganzes. Ich hab sie genossen und gebe gute zwei Smileys, zum dritten kann ich mich nicht ganz durchringen, ach, es ist ja Weihnachten, also schön, sagen wir drei. In der Abstimmungsrunde (siehe
Bewertungen) scheinen sich ja die drei ebenfalls durchzusetzen. Da sag ich Respekt, Vollste!
In diesem Sinne von mir :
(Minus ein Bisschen)
Geliebter GevatterNa, das kann ja keinen überraschen, verehrte Frau Sonnenblum. Sie hier wiederzusehen, war beim Thema Stilmittel ja geradezu vorprogrammiert. Aber die Freude schmälert das nicht im Mindesten! Hello again! Juhu! Und was sagt man nun dazu? Das Folgende.
Geliebter Gevatter ist, wie die späte Sonneblum zuletzt häufiger, leicht esoterisch-morbide, im allerwahrsten Sinne diesmal. Soviel zum Schubladendenken. Aber natürlich wird das der Geschichte nicht gerecht. Der Stil ist insgesamt umwerfend. Er sucht seinesgleichen. Die Treffsicherheit jedes einzelnen Wortes, der Realismus, beinahe hätte ich „die Beobachtungsgabe“ gesagt, mit dem du das nicht Existente beschreibst, Surrealismus dann wohl, liebevoll bis ins Detail, das ist nicht zu übertreffen. Wie so oft kann ich mir erneut nicht vorstellen, dass eine preisgekrönte Schriftstellerin eine solche Geschichte besser schriebe. Schlechter, durchaus, ebenso gut, womöglich, aber besser, keinesfalls. In dem gesamten Text hat mir eigentlich nur die Stelle „...zu leiden und zu lieben, Tag für Tag...“ nicht gefallen, sie erinnert mich an diese abgedroschenen Sprüche auf Schildern, die sich manche Familie an die Tür heftet (hier leben und lieben, streiten, ähm, furzen und kotzen Schantal, Heinz-Kevin, Horst und Renate Schulz). Ein weiterer Kritikpunkt, es mag Selbstkritik sein, lautet, dass ich das angebliche Oxymeron nicht gefunden habe. Wo isses denn, hm? Hm?! Aber sonst, hach.
Meine absolute Lieblingsstelle von allen ist diese:
„Es überfiel mich just die Erkenntnis, dass ich noch nie von einer menschlichen Gestalt verblüfft, betroffen, ja, derartig zu Donner gerührt gewesen war, und für einen Moment suchte ich Halt, stützte mich auf die Schulter eines teeschlürfenden Mannes, welcher unter meinem Griff kurz aufstöhnte und sich mit verzerrter Miene abwandte. Ein unfreundliches Volk, diese Wiener.“Dieser Satz, ich übertreibe nicht, er ist für mich nobelpreisverdächtig. Er ist wundervoll, er ist geistreich, er ist originell, er gibt der gesamten Geschichte eine weitere Dimension und Fülle dadurch, dass er mit einem chirurgisch geführten federstrich einen Nebenstrang anreißt und somit andeutet, dass die Geschichte ein Teil eines großen, reichen, in diesem Falle düsteren Mosaiks ist. Und der Folgesatz parodiert ihn durch einen subtilen, ebenfalls geistreichen Witz. Ich denke, ich habe selten einen Satz so geliebt und außer Robert kann überhaupt niemand auf dieser Welt solche Sätze schreiben. Nun, vielleicht nach einigen Jahrzehnten Literaturlinienübung, aber danach ist ja bekanntlich alles möglich.
Die Handlung ist traurig-schön, ein Hauch dramatisch gar, die Perspektive (konsistent wie immer) klug gewählt und alles in allem kann es für mich nichts anderes geben als
SchmarotzeHm, schwierig. Ich finde den Stil ok, mit einigen Schwächen allerdings („die nicht unkaputtbar gehen können“). Auch den Ansatz, eine kurze Begebenheit recht ausführlich zu schildern, mag ich. Allerdings muss ich leider sagen, dass Handlung und Erzählung für mich manchmal nicht gut zusammenpassen. Es mag an meinem von der Protagonistin abweichenden Denken liegen. Aber einige Male werden Dinge geschildert und auch von der Protagonistin bewertet und eben diese Bewertungen decken sich regelmäßig nicht mit dem, was ich beim Lesen der Szenen empfinde.
Ein Beispiel
„Um die Situation sogleich zu entschärfen, frage ich hektisch nach den Getränkewünschen.“ Die Situation kam bei mir aber eher ein bisschen lustig an, keinesfalls entschärfungsbedürftig.
Noch ein Beispiel
„Es vergehen Stunden, in denen wirklich witzige Wörter zusammengelegt werden wie zum Beispiel Hühneraugenakkumulator oder Steinlausepidemie“Selbst der letzte Satz ist eines. Die Pointe ist ein kleines bisschen lustig, aber sie sollte, ja müsste, beiläufiger daherkommen. Durch ihre Bewertung im Text selbst (
„Ich schaue amüsiert... und sage breit grinsend...“) wird sie für mich unangemessen überhöht und führt dazu, dass man eher enttäuscht ist. Natürlich ist es das absolute Recht der Protagonistin, so zu empfinden und es ist damit durchaus noch schlüssig, aber... hm bei mir ist das Empfinden derart abweichend, dass ich beim Lesen stolpere.
Hier und da hat der Text für mich Längen. Die Sitzordnung zum Besipiel ist ausfürhlicher beschrieben als es der Geschichte zuträglich ist, gleiches gilt für den Spielaufbau. Und eben die Glaubwürdigkeit (s.o.) Einerseits regen sich die Protagonisten über ziemliche Kleinigkeiten auf, dann aber beruhigen sie sich ausgerechnet, als die Erzählerin etwas tut, worüber man sich tatsächlich aufregen könnte.
Unter den Sätzen, die ich mag, ist vor allem „Hilfe, wir spielen mit einem Analphabeten!“ Schöne Übertreibung, im richtigen Maß, wenn man mich fragt. Schön finde ich übrigens auch, dass sich die Geschichte an einem Leitmotiv rankt, das hast du bei den Stilmittel übrigens nicht einmal erwähnt, Jule.
Alles in allem gibt es von mir knappe