Protestaufruf

Falls jemand Lust hat: Hier die ernsten Dinge.

Protestaufruf

Beitragvon TreborFaust » Fr 6. Jul 2012, 07:11

Da rufen am 5. Juli 2012 172 Leute zum Protest gegen die Rettung von Banken auf. Klar, das machen ja ständig Leute, denkt man nun vielleicht. Es ist ja auch eine beim berühmten Mann auf der Straße recht ungeliebte Angelegenheit. Bedenkt man, was man mit 100 Milliarden, die ständig einfach so (Man denke an die HRE-Rettung - wieviele von euch haben eigentlich ein Konto bei der HRE?) eingesetzt werden, noch so alles tun konnte. Zum Beispiel einer Million Leuten 100.000 Euro geben. Sollte doch eigentlich fürs Nötigste der Spareinlagen reichen, nachdem so eine Bank mal pleite gegangen ist, sollte man meinen. Aber nein, eine Bank darf nicht pleite gehen.

Nun ja, es ist ein schwieriges Thema, mag man nun wiederum denken, vermutlich weiß es die Regierung einfach besser, warum sollte sie sonst etwas derartiges tun? Zumal, wenn die Opposition ständig mit der Regierung stimmt. Warum also auf die 172 Möchtegernrebellen hören? Zumindest einen Grund kann ich nennen. Es sind allesamt Wirtschaftsprofessoren. Es dürften bald gar nicht mehr viele übrig sein, die diesen Brief nicht unterzeichnet haben. Hier der Wortlaut:


Liebe Mitbürger,

die Entscheidungen, zu denen sich die Kanzlerin auf dem Gipfeltreffen der EU-Länder gezwungen sah, waren falsch. Wir, Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Wirtschaftswissenschaftler der deutschsprachigen Länder, sehen den Schritt in die Bankenunion, die eine kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Eurosystems bedeutet, mit großer Sorge. Die Bankschulden sind fast dreimal so groß wie die Staatsschulden und liegen in den fünf Krisenländern im Bereich von mehreren Billionen Euro. Die Steuerzahler, Rentner und Sparer der bislang noch soliden Länder Europas dürfen für die Absicherung dieser Schulden nicht in Haftung genommen weden, zumal riesige Verluste aus der Finanzierung der inflationären Wirtschaftsblasen der südlichen Länder absehbar sind. Banken müssen scheitern dürfen. Wenn die Schuldner nicht zurückzahlen können, gibt es nur eine Gruppe, die die Lasten tragen sollte und auch kann: die Gläubiger selber, denn sie sind das Investitionsrisiko bewusst eingegangen und nur sie verfügen über das notwendige Vermögen.


Die Politiker mögen hoffen, die Haftungssummen begrenzen und den Missbrauch durch eine gemeinsame Bankenaufsicht verhindern zu können. Das wird ihnen aber kaum gelingen, solange die Schuldnerländer über die strukturelle Mehrheit im Euroraum verfügen. Wenn die soliden Länder der Vergemeinschaftung der Haftung für die Bankschulden grundsätzlich zustimmen, werden sie immer wieder Pressionen ausgesetzt sein, die Haftungssummen zu vergrößern oder die Voraussetzungen für den Haftungsfall aufzuweichen. Streit und Zwietracht mit den Nachbarn sind vorprogrammiert. Weder der Euro noch der europäische Gedanke als solcher werden durch die Erweiterung der Haftung auf die Banken gerettet; geholfen wird statt dessen der Wall Street, der City of London – auch einigen Investoren in Deutschland - und einer Reihe maroder in- und ausländischer Banken, die nun weiter zu Lasten der Bürger anderer Länder, die mit all dem wenig zu tun haben, ihre Geschäfte betreiben dürfen.
Die Sozialisierung der Schulden löst nicht dauerhaft die aktuellen Probleme; sie führt dazu, dass unter dem Deckmantel der Solidarität einzelne Gläubigergruppen bezuschußt und volkswirtschaftlich zentrale Investitonsentscheidungen verzerrt werden.


Bitte tragen Sie diese Sorgen den Abgeordneten Ihres Wahlkreises vor; unsere Volksvertreter sollen wissen, welche Gefahren unserer Wirtschaft drohen.

Hanns Abele (Wien)
Werner Abelshauser (Bielefeld)
Klaus Adam (Mannheim)
Niels Angermüller (Göttingen)
Thomas Apolte (Münster)
Lutz G. Arnold (Regensburg)
Ludwig von Auer (Trier)
Ulrich Baßeler (Berlin)
Sascha Becker (Warwick)
Gerard J. van den Berg (Mannheim)
Annette Bergemann (Mannheim)
Peter Bernholz (Basel)
Norbert Berthold (Würzburg)
Thomas Beißinger (Hohenheim)
Martin Biewen (Tübingen)
Charles B. Blankart (Berlin)
Eckhart Bomsdorf (Köln)
Michael Braulke (Osnabrück)
Friedrich Breyer (Konstanz)
Jeanette Brosig-Koch (Duisburg-Essen)
Carsten Burhop (Köln)
Volker Caspari (Darmstadt)
Dieter Cassel (Duisburg/Essen)
Norbert Christopeit (Bonn)
Manfred Deistler (Wien)
Alexander Dilger (Münster)
Klaus Diller (Koblenz)
Jürgen B. Donges (Köln)
Axel Dreher (Heidelberg)
Hilmar Drygas (Kassel)
Jürgen Eichberger (Heidelberg)
Patrick Eichenberger (Zug)
Peter Egger (Zürich)
Wolfgang Eggert (Freiburg)
Mathias Erlei (Clausthal-Zellerfeld)
Hans Fehr (Würzburg)
Stefan Felder (Basel)
Cay Folkers (Bochum)
Reto Föllmi (St. Gallen)
Andreas Freytag (Jena)
Jan Franke-Viebach (Siegen)
Michael Fritsch (Jena)
Markus Frölich (Mannheim)
Wilfried Fuhrmann (Potsdam)
Michael Funke (Hamburg)
Werner Gaab (Bochum)
Gerhard Gehrig (Frankfurt)
Egon Görgens (Bayreuth)
Volker Grossmann (Freiburg/Schweiz)
Joachim Grammig (Tübingen)
Wolf-Heimo Grieben (Würzburg)
Thomas Gries (Paderborn)
Josef Gruber (Hagen)
Erich Gundlach (Hamburg)
Hendrik Hakenes (Bonn)
Gerd Hansen (Kiel)
Andreas Haufler (München)
Harry Haupt (Bielefeld)
Nikolaus Hautsch (Berlin)
Burkard Heer (Augsburg)
Arne Heise (Hamburg)
Christoph Helberger (Berlin)
Florian Heiss (Mainz)
Thomas Hering (Hagen)
Carsten Herrmann-Pillath (Frankfurt)
Matthias Hertweck (Konstanz)
Helmut Herwartz (Kiel)
Hans Hirth (Berlin)
Stefan Hoderlein (Boston)
Andreas Hoffmann (Leipzig)
Stefan Homburg (Hannover)
Jürgen Jerger (Regensburg)
Uwe Jirjahn (Trier)
Leo Kaas (Mannheim)
Alexander Karmann (Dresden)
Gebhard Kirchgässner (St. Gallen)
Oliver Kirchkamp (Jena)
Guy Kirsch (Freiburg/Schweiz)
Roland Kirstein (Magdeburg)
Kai Konrad (Berlin)
Walter Krämer (Dortmund)
Tim Krieger (Paderborn)
Hans-Martin Krolzig (Canterbury)
Jens Krüger (Darmstadt)
Jörn Kruse (Hamburg)
Franz Peter Lang (Braunschweig)
Bernd Lucke (Hamburg)
Helga Luckenbach (Gießen)
Helmut Lütkepohl (Berlin)
Ernst Maug (Mannheim)
Georg Meran (Berlin)
Dirk Meyer (Hamburg)
Georg Milbradt (Dresden)
Gertrud Moosmüller (Passau)
Karl Mosler (Köln)
Georg Müller-Fürstenberger (Trier)
Marc-Andreas Muendler (San Diego)
Bernhard Neumärker (Freiburg)
Werner Neus (Tübingen)
Dirk Niepelt (Gerzensee)
Volker Nitsch (Darmstadt)
Peter Oberender (Bayreuth)
Walter Oberhofer (Regensburg)
Ingrid Ott (Karlsruhe)
Max Otte (Graz)
Wolfgang Paffenberger (Bremen)
Hans-Georg Petersen (Potsdam)
Dietmar Petzina (Bochum)
Wilhelm Pfähler (Hamburg)
Michael Pickhardt (Cottbus)
Winfried Pohlmeier (Konstanz)
Mattias Polborn (Urbana-Champain)
Olaf Posch (Aarhus)
Birger P. Priddat (Witten-Herdecke)
Bernd Raffelhüschen (Freiburg)
Olaf Rank (Freiburg)
Franko Reither (Hamburg)
Til Requate (Kiel)
Rudolf Richter (Saarbrücken)
Gerhard Rübel (Göttingen)
Ralf Runde (Siegen)
Dirk Sauerland (Witten-Herdecke)
Wolf Schäfer (Hamburg)
Malcolm Schauf (Essen)
Bernhard Scherer (London)
Jörg Schimmelpfennig (Bochum)
Burkhard C. Schipper (University of California)
Karl Schmedders (Zürich)
André Schmidt (Witten-Herdecke)
Gunther Schnabl (Leipzig)
Ronnie Schöb (Berlin)
Klaus Schöler (Potsdam)
Siegfried G. Schoppe (Hamburg)
Matthias Graf von der Schulenburg (Hannover)
Christian Seidl (Kiel)
Franz Seitz (Weiden)
Friedrich L. Sell (Neubiberg)
Gernot Sieg (Braunschweig)
Hans-Werner Sinn (München)
Peter Spahn (Hohenheim)
Georg Stadtmann (Frankfurt/Oder)
Joachim Starbatty (Tübingen)
Thomas Steger (Leipzig)
Martin Steinrücke (Greifswald)
Erich Streißler (Wien)
Wolfgang Ströbele (Münster)
Hans Gerhard Strohe (Oppen)
Tymon Tatur (Bonn)
Theresia Theurl (Münster)
Stephan Thomsen (Hannover)
Karl-Heinz Tödter (Frankfurt)
Stefan Traub (Bremen)
Siegfried Trautmann (Mainz)
Harald Uhlig (Chicago)
Stefan Voigt (Hamburg)
Andreas Wagener (Hannover)
Gerhard Wagenhals (Hohenheim)
Adolf Wagner (Tübingen/Leipzig)
Martin Wagner (Graz)
Klaus Wälde (Mainz)
Martin Wallmeier (Freiburg/Schweiz)
Gerhard Wegner (Erfurt)
Joachim Weimann (Magdeburg)
Thomas Wein (Lüneburg)
Rafael Weißbach (Rostock)
Robert K. von Weizsäcker (München)
Frank Westermann (Osnabrück)
Hans Wielens (Münster)
Michael Wolf (Zürich)
Elmar Wolfstetter (Berlin)
Klaus F. Zimmermann (Bonn)
Achim Zink (Kalsruhe/Wien)
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Re: Protestaufruf

Beitragvon JanMaas » So 8. Jul 2012, 19:52

ha, einer davon hat mir auch mal versucht, etwas beizubringen..ich glaube, es ging um außenwirtschaft;)
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Re: Protestaufruf

Beitragvon TreborFaust » Fr 19. Okt 2012, 20:24

So, damit ihr auch über den nächsten Schritt im Euro-Kabarett informiert seid: Die 27 EU-Mitgliedsstaaten haben sich, vertreten durch Frau Merkel und die anderen Kasper, darauf geeinigt, eine gemeinsame Bankenaufsicht einzuführen, einschließlich Zugang zum ESM für die Großbanken.

Juhu, sag ich da! Endlich die Möglichkeit, dass diese armen, bedauernswerten, schutzbedürftigen Marktteilnehmer den Rettungsschirm ESM direkt anzapfen können, will heißen, sich Kredite in Milliardenhöhe beschaffen können. Zwar ist das in unserer Wirtschaftsordnung nicht vorgesehenn, aber was soll's, ich feu mich einfach so.

Es wurde auch Zeit, dass sich jemand um diese sonst so benachteiligten Wirtschaftssubjekte kümmert, wenn sie sich, sagen wir einmal im Quartal auditieren lassen. Ich verzichte da gerne auf eine Absicherung meiner Lebensrisiken, genau wie andere Angestellte, Selbständige, Freiberufler, Künstler, Landwirte, Unternehmer und sonstige Systemirrelevante oder gar Arbeitslose. Schließlich trage ich die Verantwortung für mein Handeln und teilweise sogar für das meines Arbeitgebers gern. Man weiß ja auch, dass man weich auf die H4-Matte fällt, naja, wenn man erst einmal die Hütte und so verkauft hat.

Wobei, wenn das gerade hip ist... falls noch ein Schutzschild übrig ist, geh ich auch drunter. So aus Solidarität mit den armen Großbanken. Und für „frisches Kapital“ in Milliardenhöhe lasse ich mich ganz freiwillig kontrollieren. Zweimal wöchentlich, ehrlich! Muss man bei H4 ja auch so ähnlich, nur eben für ein bisschen weniger Kohle. Pardon, frisches Kapital.
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Re: Protestaufruf

Beitragvon TreborFaust » Fr 19. Okt 2012, 21:12

Um die traurige Selbstverständlichkeit einmal auszusprechen: Der Sozialsaat ist dazu da, die Schwachen zu schützen, nicht die Starken, damit die nicht andernfalls die Schwachen in eine Krise stürzen. Dieser Rettungsschirm ist dem Grunde nach und in seinem Ausmaß verwerflich und steht nicht mit unserer Wirtschaftsordnung im Einklang.
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Re: Protestaufruf

Beitragvon xaraastriel » So 17. Mär 2024, 17:32

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