Geliebte Künstler, Schriftsteller, ja Autoren! Was ist denn bloß in euch gefahren? Es muss doch irgendeinen kosmischen Grund geben, warum ihr mit einem Mal alle von Tieren schreibt. Und wir haben doch alle Geschichten praktisch gleichzeitig veröffentlicht, da könnt ihr ja noch nicht einmal voneinander abgeschrieben haben? Verrückte Sache! Aber nun gut, umso spannender ist ja eigentlich der Vergleich – und meiner sieht so aus...
Hundeleben Hier ist esSieh an, sieh an. Mistress hat sich offensichtlich selbst kasteit und sowas von strikt an die Vorgabe gehalten.Vorab zum Titel: Der ist gut, aber ein ironischer würde noch besser passen, wenn man mich fragt. Und sonst? Ein ganz anderer Stil als bisher von Mistress. Wenig Skurriles, dafür schlichte Beschreibung von Normalität. Trockener, sachlicher, nüchterne Erzählweise. Sehr sauber, sehr klar. Aber halt. Es ist in der Ichform geschrieben. Passt das zusammen? Gerade in dieser Erzählform bringt man doch so gerne Emotionen zum Ausdruck (allzu gerne, möchte ich sagen
). Ist es nicht eine gewisse Verschwendung der Möglichkeiten dieser Erzählform? Nein, rufe ich aus! Und wie das passt. Denn gerade diese Verschwendung von Möglichkeiten geht einher mit der Verschwendung von Möglichkeiten des Protagonisten. Denn was fängt der mit seinem Leben an? Nichts. Er stellt es in den Dienst einer tatsächlich ökonomischen Anschauung. Man spürt förmlich die Tristesse des Erzählenden. Genau das untersteicht eben diese Erzählform. In einer anderen Form käme niemals das gleiche Maß an Enge und Unfreiheit zum Ausdruck. Der Stil ist somit zugleich eine Aussage – und das ist großes Erzählkino. In Summe schwingt ständig eine leicht zynische, andeutungsweise ironische Anklage an den Protagonisten mit. Der wiederum fasst das, was man als sein Stil bezeichnen kann, unter dem Axiom der Effizienz zusammen. Damit klagt diese Geschichte nicht nur den Protagonisten an – sondern in gewissem Sinne auch eine an Effizienz ausgerichtete Gesellschaft. Von mir die Höchstnote mit Sternchen.
Das Traktaat eines SchoßhündchensHerr Forst! Als Reflexion ist
diese Geschichte nicht nur schön, es sitzt auch jeder einzelne Satz. Und das war ja verkündeter Maßen die Hauptanforderung bei diesem Thema.
Hier aber das Verrückte: Obwohl man auf den ersten Blick behaupten könnte, dass diese Geschichte viel mit den anderen tierischen Geschichte gemeinsam hat (eben Tiere als Protagonisten), schmettere ich dem folgende Antithese entgegen: Eigentlich ist die Geschichte gerade sehr vergleichbar mit einer, die sich eben nicht um Tiere dreht, nämlich, tja Ironie, Ironie, mit der Geschichte „Hundeleben“. Auch, wenn es in einem Fall um einen Hund und in dem anderen um einen Arbeitnehmer geht. Aber die Brücke schlägt der Titel - Hundeleben - , der tatsächlich für beide Geschichten passen würde. Was Mistress' Leblosigkeit ist, ist des Schoßhündchens Trostlosigkeit. Dennoch hast du einen Nachteil: Während Mistress den stupiden, immer wiederkehrenden Alltag mit subtiler Ironie angreift, greifst du zu Einschüben. Das ist auch notwendig, denn Ironie wäre bei diesem Hund als Icherzähler etwas viel des guten. Außerdem würde man die Trostlosigkeit eher als Normalität empfinden. Insofern sind die Einschübe ein guter Akzent. Mit philosophischem Tiefgang obendrein. Ich habe glatt erst mal recherchiert, ob das von einem alten Griechen abgeschrieben ist, man weiß ja nie, aber ich bin zu meiner Erleichterung nicht fündig geworden. Aber an dem Verdacht merkt man, wie gut es ist. Im direkten Vergleich ist es als reines Stilmittel trotzdem etwas grob - aber bei Hunden kann man die absolute Freinheit vielleicht auch nicht erwarten.
Insgesamt sind das für mich knappe
Das innere sein (
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mo_chroi, Respekt. Was eine abgrundtief schreckliche, beklemmende Geschichte. Das Konzept ist grausig und doch gut. Schon wieder exzessive Gewalt, Ausdruck mit dem Baseballschläger, dachte ich zunächst, ebenso wie ich an erzwungene Betroffenheit durch allzu genaue Schilderungen aus der Opferperspektive dachte. Man ist natürlich angewidert und muss trotzdem weiter lesen. Ich habe es beim ersten Lesen eigentlich nicht ganz verstanden. Beim zweiten Mal wurde mir dann aber doch einiges klar. Ich bin zwar auch jetzt nicht vollkommen sicher, aber ich interpretiere es so, dass es um das Herausbilden einer jeweils neuen Persönlichkeit angesichts einer immer neuen Misshandlung geht? Mir persönlich hätten an der einen oder anderen Stelle Andeutungen wirklich gereicht, dafür könnte die Persönlichkeitsstransformation noch deutlicher werden. Trotzdem ein mutiges und gelungenes Experiment an der Grenze des Erträglichen.
Was ich nicht recht verstanden habe ist, inwiefern sich die Geschichte auf das Thema „Stil“ bezieht, aber lassen wir da mal Fünfe gerade sein.
Also schön, nun zum Stil an sich, denn nur danach soll bewertet werden: Für mich ist nicht ganz klar, ob es Absicht oder ein Versehen ist, dass die Geschichte zwischen auktorialer und personaler Erzählweise springt - in diesem speziellen Fall passt ja mal grundsätzlich beides. Für mich sind ein paar Holprigkeiten enthalten (ich finde mich jedenfalls in der jeweiligen Situation nur langsam zurecht und die Beschreibung der Umgebung wirkt angesichts der alles überlagernden Misshandlung für mich teilweise etwas unpassend oder zumindest zu stark gewichtet). Außerdem bitte nochmal querlesen („aus zu treten“)
Insgesamt gäbe es für die Idee von mir drei Smileys, für den Stil
Die restlichen Geschichten folgen, ich weiß schon, was ich schreibe, aber man muss ja auch mal schlafen...